Weibo: Kursabsturz nach Zahlen – aber den Mutigen gehört die Welt!
Heute verlieren nahezu alle an der US-Börse NASDAQ notierten chinesischen Technologiewerte deutlich an Wert. Grund hierfür ist jedoch nicht etwa eine neue Eskalation im Handelskrieg. Vielmehr haben diese Aktien zuletzt, aus rein charttechnischer Sicht, eine maximale Aufwärtskorrektur in übergeordnet fast überall noch intakten Abwärtstrends aufs Parkett gelegt.
Diese Kurserholung wurde zuletzt noch von den vorgelegten Quartalszahlen solcher Unternehmen gestützt. Das ist heute jedoch nicht mehr der Fall.
So hat heute Nachmittag, aus US-Sicht vorbörslich, das chinesische Twitter-Pendant Weibo (WKN: A110Vz) seine aktuellen Quartalszahlen vorgelegt. Diese fielen jedoch leider nicht ganz so gut aus, was sich auch auf den Mutterkonzern Sina auswirkte, so dass auch deren Aktie nach Vorlage von Quartalszahlen unter Abgabedruck steht. Konkret verfehlte Weibo mit einem Quartalsumatz von nur 467,8 Mio. US-Dollar die ohnehin schon niedrig gesteckten durchschnittlichen Analystenschätzungen von rund 472 Mio. US-Dollar leicht.
Da half dann auch eine, mit einem bereinigten Gewinn je ADR in Höhe von 0,77 US-Dollar, leicht bessere Gewinnentwicklung nicht. Hier hatten die Konsensschätzungen der Analysten nämlich eigentlich bei nur 0,73 US-Dollar gelegen. Zumal sich das Management des Konzerns auch bei seinem Ausblick vorsichtig gab. So erwartet man im laufenden vierten Quartal, mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft, nur ein Umsatzwachstum zwischen 0-3%. Kein Wunder, dass Anleger insbesondere mit diesem Ausblick unzufrieden sind.
Fundamentale Bewertung des ADR ist recht günstig
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018 gelang es Weibo, trotz Handelskrieg, seinen Jahresumsatz um +49,4% auf knapp 1,72 Mrd. US-Dollar sowie seinen Nettogewinn um 62,2% auf knapp 572 Mio. US-Dollar zu steigern. Im laufenden Geschäftsjahr 2019e jedoch gab es kaum noch ein Umsatz- und Gewinnwachstum und wird es, siehe den Ausblick auf das vierte Quartal 2019, auch nicht mehr geben. Demgegenüber steht derzeit ein Börsenwert (nach dem heutigen Kursrückgang) von circa 9,8 Mrd. US-Dollar.
Demnach weist der ADR aktuell ein KUV 2019e von circa 5,5 sowie ein KGV von etwa 17 auf. Dies ist prinzipiell nicht zu teuer, ganz im Gegenteil, aber eben nur bei einem entsprechenden Umsatz- und Gewinnwachstum. Allerdings wird man hier sicherlich weiterhin eine Menge Geduld brauchen. Denn selbst wenn es bald zu einem Deal im Handelsstreit der USA mit China käme, wirkt dieser sich nicht sofort positiv auf die Geschäftsentwicklung der chinesischen Technologiewerte aus.
Charttechnik trotz heutigem Kursabsturz weiterhin positiv
Ein Tag wie heute, an dem ein solcher ADR fast -18% verliert, gefällt natürlich keinem Anleger. Allerdings muss man die heutigen Kursverluste im Kontext sehen. Denn der ADR stürzte im Zuge des von Trump ausgelösten „China Tech Crashs“ auf ein Tief bei unter 35 US-Dollar im August. Seitdem kam es hier zu einer massiven Kursrally, die den Titel wieder auf über 50 US-Dollar trieb. Dies entsprach Kursgewinnen von mehr als +50% innerhalb weniger Wochen. Insofern ist der heutige kräftige Kursrücksetzer unschön, zerstört aber das positive Chartbild noch längst nicht.
Vielmehr wirkt es charttechnisch so, als ob der ADR – wie viele China Techs – zuletzt an einen wichtigen charttechnischen Widerstand heran gelaufen ist, den sie nicht gleich im ersten Versuch nehmen konnte. Nun setzt sie eben zurück, was hilft den kurzfristig überkauften Zustand abzubauen. Wichtig ist jetzt nur, dass der ADR jetzt nicht mehr unter das bisherige Korrekturtief zurück fällt. Optimal wäre es hingegen, wenn sie es schaffen würde sich zwischen 42 und 45 US-Dollar zu stabilisieren.
Fazit: Kurzfristig braucht man gute Nerven, langfristig wird man dafür belohnt!
Alles in allem muss ich daher konstatieren: Die heute vorgelegten Quartalszahlen von Weibo, insbesondere auch der Ausblick auf das vierte Quartal, waren nicht berauschend. Darüber kann auch die etwas besser als erwartete Gewinnentwicklung nicht hinweg täuschen. Zumal sich mittel- bis langfristig der Gewinn nur dann so gut entwickeln kann, wenn es auch der Umsatz tut. Insofern ist die Panikreaktion der Anleger auf die vorgelegten Quartalszahlen in gewisser Weise verständlich. Zumal es kurzfristig ja auch durchaus noch weitere (Kurs)Risiken gibt.
Was, wenn der geplante Deal im Handelsstreit für Weibo nicht so vorteilhaft ausfällt oder es ihn am Ende gar nicht gibt. Dann würden alle chinesischen Titel, auch Weibo, natürlich noch einmal ausverkauft. Daher braucht man kurzfristig sicherlich sehr gute Nerven. Dafür aber wird man langfristig voraussichtlich reich belohnt. Denn kein Handelskrieg tobt ewig, so dass auch bei Weibo das Umsatz- und Gewinnwachstum bald wieder zurückkehrt – und somit auch der ADR. Ich würde sie daher in Kursschwäche weiter einsammeln mit mittelfristigen Kursziel bei 65 US-Dollar!